Vorfertigung

CampusRO, Rosenheim

 
 

Die Stadt Rosenheim liegt im Alpenvorland und gehört zur Metropolregion München. Die technische Hochschule Rosenheim hat sich zu einer der bedeutendsten Hochschulen in Bayern entwickelt. Der Siedlungsdruck in der Region ist hoch, es besteht vor allem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum.


Der CampusRO liegt in unmittelbarer Nähe zur Hochschule, muss mangels stadträumlicher Bezüge seine Qualität als Wohn- und Lebensraum jedoch aus sich selbst heraus entwickeln. So entstand ein durchmischtes Wohngebiet unterschiedlichster gesellschaftlicher Gruppen, das die soziale Integration stärkt. Die auf unterschiedliche Dauer angelegten Wohnkonzepte ergänzen sich und lassen eine stabile gemeinschaftliche Entwicklung zu. Diesem inhaltlichen Ansatz eines gemischten, sozialen Quartiers trägt die städtebauliche und architektonische Konzeption Rechnung. Durch die vielfältigen vernetzten Bezüge der baulichen Ausprägung wurden zahlreiche Kommunikationsmöglichkeiten geschaffen. Der Entwurf für den CampusRO umfasst den Neubau von 211 Apartments für Studierende sowie einem Boardinghouse mit 40 weiteren Apartments im KfW 40 plus Standard.

Die Besonderheit der offenen Erschließung führen die gemeinschaftlichen begrünten Treffpunkte in die dritte Dimension fort. So entstand in der Zusammenarbeit unterschiedlichster Akteure ein neuer Typus eines begrünten und gestapelten Dorfes. Vor allem die Integration weiterer Funktionsbausteine, von Lernräumen über Fitnessbereiche bis hin zu gemeinschaftlich nutzbaren Multifunktionsräumen ermöglicht vielfältige Begegnungen. Ein im Bereich des Boardinghouse platziertes Café und Restaurant dienen dabei als Treffpunkt. Das auf dem 6. Obergeschoß mit herausragendem Blick auf die Bergwelt angesiedelte Café mit Dachterrasse wird zum Anziehungspunkt für die ganze Stadtgesellschaft. Die Wärmeversorgung des gesamten Quartiers erfolgt über die Fernwärme der Stadt Rosenheim.

 
 

Projekt

CampusRO, Rosenheim
 

 
 

Themenbereich

Wohnen & Leben

 
 

Bauherr

CampusRO Projektentwicklungs
GmbH & Co. KG, Pullach i. Isartal 

 
 
 

DGNB

Zertifizierung in Platin wird angestrebt

 
 
 
 

Das Konzept nimmt ganz bewusst die Charakteristika kleinräumlicher Stadtstrukturen auf und fügt diese zu einem maßstäblichen, aber auch urbanen Lebensraum. Die Hausreihen werden entsprechend der städträumlichen Bezüge positioniert und durch Raumbereiche für Gemeinschaftsnutzungen ergänzt.

 
 

Zur Erreichung höchster Nachhaltigkeitsanforderungen müssen komplexe Fragestellungen und vielfältige Zielkonflikte zwischen den unterschiedlichen Säulen der Nachhaltigkeit von Ökologie, Ökonomie und sozial-kulturellen Fragestellungen bearbeitet und verhandelt werden. Die in diesem Projekt angestrebte und mit einem aktuellen Zwischenstand der Erfüllung von über 80% weiterhin avisierte Zielvorstellung einer DGNB Zertifizierung im Platin-Standard erfordert daher eine besonders enge Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten. Vor allem bei den im studentischen Wohnen angezeigten, sehr flächensparenden Grundrisskonzeptionen ist die frühzeitige Integration der technischen Gebäudeausrüstung mit der Vielzahl von sanitären Einrichtungen eine besondere Herausforderung. Aber auch die angestrebten, sehr hohen Energiestandards eines KfW 40 plus Hauses auf Basis des Passivhausstandards mit einer damit erforderlichen kontrollierten Wohnraumlüftung führten zu weiteren Schnittstellenfragen. Dies alles musste vor dem Hintergrund einer aus ökologischen Gründen gewünschten elementierten Holzbauweise gelöst werden. Das Planungsteam hat sich daher mit Unterstützung des Bauherrn auf eine planerische Umsetzung mittels der BIM Methode verständigt. Die Freiwilligkeit der Maßnahme und die von allen gewünschte Erfahrungsvermehrung hat dabei maßgeblich zur gemeinschaftlichen und kooperativen Bearbeitung geführt.

Durch den partnerschaftlichen Ansatz des Bauherrn wurden auch die maßgeblichen ausführenden Unternehmen bereits in der Planungsphase fest in den Entwicklungsprozess eingebunden. So konnten neben vorgefertigten Sanitäreinheiten in einer Kooperation von Rohbau und Holzbauunternehmen eine hybride Gebäudestruktur mit tragenden Holzwänden und Holz-Beton-Verbunddecken entwickelt werden. Maßgebliche Teile der technischen Infrastruktur der dezentralen Lüftungslösung wurden in den vorgefertigten Holztafelbau integriert. Die für das energieeffiziente Bauen so wesentlichen Fragen von Wärmebrückenfreiheit und hoher Luftdichtheit konnten so zwischen Architekt, Tragwerksplaner, TGA Ingenieur und ausführenden Unternehmen optimiert werden. Vor allem die Abstimmung der Bauabläufe der unterschiedlichen vorgefertigten Module (von elementierten Holz-Beton-Verbunddecken, komplett inkl. Fassade und Fenster vorgefertigten, teils tragenden Außenwänden mit integrierten Lüftungselementen sowie die Ergänzung um die parallel installierten vorgefertigten Badelemente) erforderte eine intensive Beschäftigung mit den jeweiligen Fügetechniken und der Baulogistik.

Die erarbeiteten digitalen Modelle dienten dabei auch für den hochgradig digitalisierten Betrieb des Gebäudes. Frühzeitig wurde das digitale Betreibermodell in die Elektroplanung integriert. Digitale Zugangssysteme erlauben einen vielfältigen Betrieb. Die energetische Performance des Gebäudes mit einer über 70%igen Eigenstromversorgung durch PV-Elemente ist für alle einsehbar. Hierbei wurde die Flächenkonkurrenz der attraktiven Dachflächen - zwischen direkter Nutzung als Dachterrasse, Regenwasserspeicherfähigkeit durch Gründächer und benötigter PV-Aufstellflächen -  bereits in der Konzeptphase gemeinschaftlich durch unterschiedliche Rechenmodelle geprüft und in Abstimmung mit dem ebenso frühzeitig eingeschalteten, spezialisierten DGNB-Auditor rückgekoppelt. So konnte dieses Projekt nur mit Hilfe des zuvor erstellten BIM Modells und der Erweiterung des kooperativen Planungsteams direkt um die ausführenden Unternehmen und deren Kompetenz zur Bauausführung realisiert werden. Der integrale Planungsansatz wird somit hier um eine weitere Dimension im Hinblick auf neue partnerschaftliche Modelle mit der Ausführungsseite gekoppelt. Durch die ständige Begleitung des DGNB Auditors als gesonderte Fachdisziplin konnten die jeweils unterschiedlichen Planungsvarianten nicht nur monetär, sondern vor allem auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeitszertifizierung optimiert werden. Nur so ist mit den vielfältigen Zielkonflikten ein Platin-Standard zu erreichen. Das dabei auch die ökonomischen Fragen Grundlage der Nachhaltigkeitsbewertung sind, erhöht maßgeblich die Bereitschaft des Bauherrn diesen Standard zu unterstützen.

 
 
 
 
 

1.250

Tonnen CO2-Einsparung im Vergleich zu einer Massivbauweise

 
 
 

Bei der Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes spielt der Einsatz von Holz aufgrund seiner CO2-Speicherfähigkeit eine große Rolle. Darüber hinaus trägt der Baustoff durch eine werkseitige Vorfertigung der Holztafelelemente zur Bauzeitverkürzung bei. Im Vergleich zu einer Massivbauweise konnten im freifinanzierten Teil des Gesamtprojekts rund 1.250 Tonnen CO2 eingespart werden. Über einen Betrachtungszeitraum von 50 Jahren spart das Projekt im Vergleich zu einem Referenzgebäude in herkömmlicher Bauweise sogar 6.350 Tonnen CO2 ein.

Das verwendete Holz stammt aus bayerischen und österreichischen Wäldern. Die PEFC-Zertifizierung garantiert eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. Mit Blick auf die knapper werdenden Ressourcen wird klar, dass Aspekte der Kreislaufwirtschaft am Bau stärker berücksichtigt werden müssen. Eine alte, ungenutzte Gewerbehalle, die zuvor auf dem Grundstück stand, wurde rückgebaut. 100% der geprüften und geeigneten Altmasse aus der ehemaligen Lagerhalle wurde im CampusRO wiederverwendet. Der Abtransport des Abbruchmaterials und die Produktion von neuen Baustoffen und ihrer Anfahrt fallen teilweise weg. Auch das sorgt für eine deutlich verbesserte CO2-Bilanz. Eine auf den Dächern installierte Photovoltaik-Anlage mit Batterie-Speicher sorgt für eine über 70%ige Eigenstromversorgung.

Die Flächen des ehemaligen Gewerbeareals waren zuvor zu 100 % versiegelt. Auf dem Grundstück entstanden nun zahlreiche, kühlende Grünflächen mit Rasen, Bäumen und Sträuchern. Außerdem wurden Bienennährstauden und Nistkästen für Vögel geplant, sodass sich Tiere dort ansiedeln und Schutz finden können. Regenwasser wird sowohl über die begrünten Dachflächen, die begrünten Hofbereiche aber auch über unterirdische Rigolen mit Versickerungsmöglichkeit möglichst lange auf dem Grundstück gehalten. Die städtische Kanalisation wird somit bei Starkregenereignissen vor straken Zuläufen geschützt. Vorrangiges Ziel des Entwurfs war es, den Bewohnern nicht nur ein "Dach über dem Kopf" zu bieten, sondern einen innovativen, bereichernden, inspirierenden Raum für diesen prägenden Lebensabschnitt. Das gesamte Quartier ist daher in einer Siedlungsstruktur konzipiert, die das Miteinander fördert.

 
 

In Zusammenarbeit mit

FSWLA Landschaftsarchitektur, Düsseldorf