Bauen im Bestand

Wohnheim Eckenbergstrasse Essen

 
 

Von der Wohnmaschine zum Apartmenthaus. Ziel der Modernisierungsmaßnahme war einerseits eine strukturelle Anpassung im Inneren des Gebäudes sowie eine entsprechende energetische Modernisierung.

 

Im Zuge des Strukturwandels der Ruhrregion vom Kohle- und Stahlstandort zum Dienstleistungs-Zentrum wurde in Nordrhein-Westfalen Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre die Universitäts- und Gesamthochschullandschaft intensiv ausgebaut. Bestehende Hochschulen und Akademien wurden zu Gesamthochschulen fusioniert. 1972 wurden so die Gesamthochschule Duisburg und die Universität-Gesamthochschule Essen gegründet. In diesem Zuge musste für die neu geschaffene Hochschullandschaft auch Wohnraum für Studierende errichtet werden. Aufgabe war es, in kurzer Zeit ein möglichst großes kostengünstiges Angebot zu schaffen. Mit dieser Zielsetzung entstand auch das Studentenwohnheim Eckenbergstraße, welches mehr als 400 Studenten ein vorübergehendes zu Hause gab.

Seitdem haben sich die Universitätsstandorte und die Bedürfnisse der Studierenden erheblich gewandelt. Die einzelnen Hochschulstandorte müssen sich im Wettbewerb finanziell und inhaltlich behaupten. 2003 wollte die Landesregierung mit der Fusion der vorgenannten eigenständigen Hochschulen zur Universität Duisburg-Essen nicht nur Kosten sparen, sondern auch Potentiale für Spezialisierungen in den nun fusionierten größeren Fachbereichen schaffen und eine wirksamere Teilnahme an der internationalen wissenschaftlichen Diskussion ermöglichen. Diese Entwicklung wurde 2007 mittels der Gründung der Universitätsallianz Metropole Ruhr über die Universitäten Duisburg-Essen, Dortmund und Bochum konsequent weiter geführt. Dementsprechend haben sich auch die Qualität der Lehre und Forschung und der studentische Alltag, inkl. der Anforderung an das studentische Wohnen geändert. Die Universitätsstandorte stehen mit Ihrer Infrastruktur im internationalen Wettbewerb. Das studentische Wohnen ist dabei ein Teil der Standortqualität geworden.

Anfang der 70er Jahre wurde das achtgeschossige Gebäude für 415 Studenten errichtet. Die U-förmig angelegte Wohnanlage wurde je Ebene in zwei Wohngruppen unterteilt. Aufgereiht an einem innen liegenden Mittelflur wurden 22 - 28 Studentenzimmer mit einer Gemeinschaftsküche und Gemeinschaftssanitäranlage organisiert. Zimmer, nur 13 - 14,5 m² groß, jeweils nur mit einem Waschbecken, ohne Telefon und Internetanschluss ausgerüstet, mit an den Mindestmaßen der Landesbauordnung orientierten Fenstergrößen, mit unzureichenden Schallschutzmaßnahmen zu der unmittelbar angrenzenden Stadtautobahn, ohne Gemeinschaftseinrichtungen und mit einem Dämmstandard der 70er Jahre konnten die Anforderungen der Studierenden nicht mehr zeitgemäß erfüllen. Dementsprechend war der Gebäudebestand sowohl strukturell, als auch hinsichtlich der technischen Gebäudeausrüstung und der energetischen Ausrichtung zu modernisieren.
 

 
 

Projekt

Wohnheim Eckenbergstrasse, Essen

 
 

Themenbereich

Wohnen & Leben

 
 

Bauherr

Studierendenwerk Essen-Duisburg


 
 
 

30%

unter EnEV Neubaustandard.

 
 
 

Im Zuge der energetischen Modernisierung wurde die komplette Außenhülle des Gebäudes (Fassade, Fenster und Dachfläche) erneuert und auf einen aktuellen Energiestandard gebracht. In Abstimmung mit dem Bauherrn wurden die Kennwerte für die Fördermittel nach dem KfW-Förderprogramm Effizienzhaus 70 realisiert. Somit unterschreitet die Modernisierung hinsichtlich ihrer energetischen Kennwerte selbst einen Neubaustandard bezogen auf EnEV 2007 um 30 Prozent. Im Sinne der Minimierung der Unterhaltskosten wurde eine hinterlüftete Fassade aus entsprechend widerstandsfähigen vorgehängten Harzkompositplatten erstellt. Der Fensterflächenanteil sollte aus funktionalen und kostentechnischen Gründen nicht erhöht werden. Dem folgend wurde im Entwurf mit den nachfolgend beschriebenen Maßnahmen ein Baukasten-Konzept entwickelt, mittels dessen zur technischen und funktionalen Qualitätsverbesserung auch eine vollkommen neue Fassadengestaltung realisiert wurde.

Zum einen wurde der Leibungsbereich jeweils zur Haupt-Tageslichteinfallsrichtung hin aufgeweitet. Die nutzbaren passiven solaren Gewinne wurden somit bei gleichbleibender Fenstergröße aufgrund der reduzierten Eigenverschattung deutlich erhöht. Zum anderen wurde die sehr geschlossene Lochfassade der Wohnanlage über die farbige Gestaltung der einzelnen Fassadenelemente aufgelöst. Die Fassadenplatten, Leibungen und Fenster werden jeweils in vier unterschiedlichen Farbtönen vorgefertigt. Die variierte Zusammenstellung dieses elementierten Baukastens führt zu einem gepixelten Gesamtbild, welches das strenge Raster der vorgegebenen Lochfassade maßgebend überlagert. Der kleine Fensteranteil und der sehr große geschlossene Fassadenanteil treten nicht mehr kontrastierend in Erscheinung. Bestimmend wird das Spiel der einzelnen Fassadenfelder, die sich in der optischen Erscheinung nicht mehr in geschlossene und offene Anteile zergliedern, sondern als raumgroße Einheiten in Erscheinung treten. Die Massivität des Bauvolumens wird aufgelöst, es entsteht ein signifikantes, positives neues Image der Wohnanlage.
 

 
 

Awards

Deutscher Bauherrenpreis
Modernisierung
2015: Engere Wahl

 
 

Mit wenigen, gezielten Eingriffen in die tragende Bausubstanz wurde die Grundstruktur des Wohnheims in ein Apartmenthaus verändert. Die Anlage wurde in zwei Häuser unterteilt. Von den beiden zentralen Treppenhäusern führen jetzt verkürzte, natürlich belichtete Flure zu einem differenzierten Wohnraumangebot für 313 Studierende.

 
 
 

Nach dem Umbau stehen für 313 Studierende jeweils 45 Einzelapartments, 86 Doppelapartments und 16 Fünfer- bis Siebener-Wohngemeinschaften zur Verfügung. Jedes Apartment und jede Wohngemeinschaft sind mit einer Küche und einem Duschbad ausgestattet. In den Wohngemeinschaften ist für jeden Bewohner jeweils ein eigener Sanitärbereich dem Individualraum zugeordnet worden. Die Apartmentgrößen variieren zwischen 22 und 44 m². Die Wohngemeinschaften sind unterteilt in Individualbereiche die mindestens 16 m² groß sind. Vorgelagert ist ein großzügiger Gemeinschaftsbereich (zwischen 39 und 56 m²). Zur modernen technischen Infrastruktur gehört selbstverständlich auch für jeden Studierenden ein eigener Medienanschluss. Im Sockelgeschoss befinden sich zentrale Einrichtungen wie Tutorenräume, ein Fitnessbereich, ein Waschsalon, mehrere Fahrradkeller, ein Gemeinschaftsraum mit Bar und eine großzügig gestaltete Außennutzfläche mit Grillbereich, Liegewiese und Sportfeld.

Zur Vergrößerung der tatsächlich verfügbaren Nutzfläche wurde seitens der Architekten für sämtliche Wohn- und Aufenthaltsbereiche ein abgestimmtes Innenraumkonzept entwickelt. Alle Apartments haben eine in funktionaler und technischer Hinsicht optimierte Möblierung erhalten. Durch die Entwicklung dieses auf die Raumgeometrie angepassten Innenausbaus kann die Raumausnutzung deutlich verbessert werden. Gleichzeitig entfallen durch die Integration der Gebäudetechnik in den Innenausbau aufwändige Unterputz- und störende Aufputz- Installationen. Auf diese Weise konnte der hohe Gestaltungsanspruch der Anlage auch im Innenbereich fortgeführt werden.

 
  • Ein ganzheitliches Konzept

    Unterschiedliche Anforderungen an die Behaglichkeit waren im Konzept der Modernisierungsmaßnahme zu erfüllen. Mit einem begrenzten Budget waren die Architekten darauf angewiesen die einzelnen Eingriffe in den Gebäudebestand detailliert aufeinander abzustimmen und mögliche Synergieeffekte zu nutzen. So musste beispielsweise mit der Fassade ein erhöhter Schallschutz zur unmittelbar angrenzenden Stadtautobahn A40 hergestellt werden. Ebenfalls ist wegen der sehr hohen Belegungsdichte die notwendige Raumlufthygiene dauerhaft sicher zu stellen und aufgrund des angestrebten Effizienzhaus 70-Standards der Wärmeverlust zu reduzieren. Die nutzerfreundlichste und kostengünstigste Lösung war an dieser Stelle der Einbau einer zentralen Lüftungsanlage mit hoch effizienter Wärmerückgewinnung. Mittels dieses Konzeptes konnten die Lüftungswärmeverluste reduziert und gleichzeitig der hygienisch erforderliche Luftwechsel bei Einhaltung des Schallschutzes sichergestellt werden. Selbstverständlich kann jedes Fenster entsprechend der individuellen Bedürfnisse geöffnet werden -zur Erfüllung der Behaglichkeitskriterien ist dies jedoch nicht notwendig. Vor den Fenstern ist jeweils im Innenausbau ein klappbarer Arbeitsbereich organisiert. Die dort befindliche Arbeitsplatte ist mobil konstruiert, so dass diese im Bereich des Fensters verschwenkt und damit der Fensterbereich komplett zugänglich gemacht werden kann.

  • Nachhaltiger Umgang mit Bestandsgebäuden ist mehr als energetische Sanierung

    Generell wird im Entwurf für die Modernisierung der Studentenwohnanlage Eckenbergstraße konsequent aufgezeigt, dass ein nachhaltiger Umgang mit unseren Bestandsgebäuden deutlich mehr ist, als die energetische Sanierung. Die Anpassung an den veränderten Nutzerbedarf und auch an den, der Zukunft wird hier in besonderer Weise beachtet. Die umgebaute Wohnanlage stellt sich allen geänderten Anforderungen. Sie wird damit Teil der Standortqualität der Universität und bietet differenzierte Angebote für die sehr heterogenen Anforderungen der Studierenden und optionaler Nutzergruppen. So ist eine Umnutzung der Studentenwohnanlage als offenes Apartmenthaus oder als Hostel jederzeit möglich. Der Wandel von der Wohnheimmaschine zum zukunftsorientierten Apartmenthaus zeigt, wieviel Potential im Gebäudebestand steckt und wie es mit einem ganzheitlichen Konzept genutzt werden kann.

 
 

Verwandte Bereiche

Ressourceneffizienz

 
 

In Zusammenarbeit mit

FSWLA Landschaftsarchitektur, Düsseldorf

Farb-Bau, Prof. Friedrich Schmuck, Dinslaken

Doris Büttner, db Innenarchitektur, Viersen